Hermann Hesses spannendes Leben

Hermann Hesses Leben ist mindestens so interessant wie sein literarisches Werk. Im kleinen Calw an der Nagold aufgewachsen (Jahrgang 1877), war er ein talentierter Schüler, aus dem ein Geistlicher oder Gelehrter werden sollte. Hesse hatte andere Ziele: Er wollte Dichter werden, nichts sonst. Er war 12, als er diesen Entschluss fasste. Im Sommer 1891 besteht Hesse das schwäbische Landexamen und tritt ins evangelisch-theologische Seminar im Kloster Maulbronn ein. Er hält es dort ein halbes Jahr aus, dann flieht er. Nach einem Suizidversuch 1892 wird er in die Nervenheilanstalt Stetten im Remstal eingeliefert.

Im Gymnasium bleibt er nicht lange. Er bricht die Schule in Cannstatt ab und beginnt im Oktober 1893 eine Lehre als Buchhändler in Esslingen, nach drei Tagen hat er genug davon und kehrt nicht mehr an den Arbeitsplatz zurück. Es schließt sich eine Mechanikerlehre in der Turmuhrenfabrik Perrot in Calw an. Dann versucht er es noch einmal mit den Büchern. Während seiner Lehre in der Tübinger Buchhandlung Heckenhauer, gegenüber der Stiftskirche, führt er ein Doppelleben: tagsüber arbeitet er in der Buchhandlung, nachts liest er sich durch die Weltliteratur. Von all dem erzählt Alois Prinz in seiner Hesse-Biographie „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“.

Hesse, der gescheiterte Schüler und jugendliche Rebell, wird mit der Zeit zu einer moralischen Instanz, zum Repräsentanten eines anderen, besseren Deutschlands. In den Augen vieler Leser ist er der „Weise von Montagnola“. Er versinkt in einer Flut von Briefen. Allein zu seinem achtzigsten Geburtstag erhält er über 1000 Schreiben. Insgesamt soll Hesse 35 000 Briefe beantwortet haben. Immer wieder fragen ihn junge Leser um Rat. Er ermutigt sie, eigene Antworten auf ihre Fragen zu finden. Auch Schüler wenden sich an Hesse, die ein Referat über ihn zu halten oder einen Aufsatz über ihn zu schreiben haben. Sie stellen die Frage der Schulmeister: Was wollte uns der Autor mit seinen Büchern sagen? Für Hesse sind solche Fragen der beste Weg, den jungen Menschen die Freude an der Literatur zu verderben. Jeder Leser hat das Recht auf eine eigene Lektüre. Jeder Leser soll einem Buch das entnehmen, was ihm wichtig ist, ein sehr moderner, vielleicht sogar postmoderner Gedanke. Diese anschauliche, gut lesbare Biographie wurde für den deutschen Jugendliteraturpreis nominiert, ist aber auch etwas für Erwachsene.

Alois Prinz: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Die Lebensgeschichte des Hermann Hesse. Erzählt von Alois Prinz. Beltz&Gelberg, 2000.

Neuausgabe: Alois Prinz: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Die Lebensgeschichte des Hermann Hesse. Insel Verlag, 2005.

Alois Prinz. „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Die Lebensgeschichte des Hermann Hesse. Suhrkamp Verlag, 2006.

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